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Hundsfelder Dialekt


Abfotografiert vom Cover des Bildheftes von Eugen Schmitt: Hundsfeld – deine Geschichte ist zu Ende. Volkach 1987.

Im November 2018 fand eine Dialekterhebung mit Tonaufnahmen anhand eines Kurzfrage­buchs mit fünf gebürtigen Hundsfelderinnen und Hundsfeldern statt. Diese Befragung war dringlich, da heute nur noch wenige Personen leben, die in Hundsfeld geboren und aufgewach­sen sind. Zudem ist Hundsfeld ein Dorf, das es nicht mehr gibt, weil es 1937/38 vollständig abgesiedelt und dem Truppenübungsplatz „Lager Hammelburg“ einverleibt wurde. Das katholische Pfarrdorf Hundsfeld lag am Nordende des soge­nannten Bachgrundes, etwa 6 km südlich von Ham­melburg. Früher bildete Hundsfeld die südlichste Gemeinde des Fürstentums Fulda, um 1900 war es die südlichste Gemeinde des Bezirksamtes Ham­melburg. Wie der Volksschullehrer C. F. Reinhardt in seinem Büchlein über die Geschichte des Pfarr­dorfes Hundsfeld von 1909 schreibt, wurde ein Trup­penübungsplatz für das II. Bayerische Armeekorps jedoch schon 1893/94 errichtet, „wozu die Gemeinde die Hälfte ihrer Markung abtreten mußte. Da nun diese für das Dorf zu klein war, wanderten mehrere Familien aus, um sich anderwärts ein neues Heim zu gründen“ (S. 19). Viele Hundsfelder Familien fanden später, nach der völligen Absiedlung, eine neue Heimat im Weiler Rothof bei Rottendorf.

Vermittelt hatte die Zusammenkunft zur Dialektbefragung im Rothofer Gasthof Englert die Tochter einer Gewährsperson, die über die Vortragsreihe des Würzburger Unibundes mit dem UDI schon länger in Kontakt stand. Anwesend war auch Pfarrer Franz Schmitt, der sich als Nachfahre intensiv mit der Hundsfelder Geschichte beschäftigt. 

Nach getaner Arbeit (hinten v.l.n.r.): Pfarrer Schmitt, G. Wolz-Curtaz, M. Fritz-Scheuplein; (vorne v.l.n.r.) Hiltrud und Erich Weippert, Agnes Wolz, Eleonore Zirkelbach und Bruno Fella. (Foto: privat)

Aufgrund der Absage vieler Veranstaltungen im ersten Coronajahr konnten im Frühjahr 2020 die Transkriptionen anhand der Tondokumente überprüft, anschließend kodiert und zusammen mit einer Transliteration, Hinweisen zum untersuchten Phänomen und Verweisen auf Belege in den SUF-Bänden in ein anschauliches Format überführt werden. Zudem wurden die Tondoku­mente geschnitten, beide Dokumente (der Fragebogen und das Tondokument) stehen in Frank­DiDok zur Einsicht und zum Anhören bereit: 

http://kallimachos.uni-wuerzburg.de/udi/index.php/Hundsfeld_-Dialekterhebung(Fragebogen)

http://kallimachos.uni-wuerzburg.de/udi/index.php/Hundsfeld_-Dialekterhebung(Tondokument)

Zur Mundart

In seinem Büchlein über Hundsfeld bietet Reinhardt auch ein kurzes Kapitel zur Mundart: „Hundsfeld gehört zum alten Ostfranken und spricht infolgedessen fränkischen Dialekt. Jedoch unterscheidet sich die Mundart wesentlich von der, welche in den Nachbardörfern – Gauaschach, Obersfeld, Hundsbach etc. – gesprochen wird (S. 39).“ Auch wenn in der Dialekt­befragung nicht alle Wörter erhoben wurden, die Reinhardt auflistet, kann man dennoch fest­halten, dass fast alle, der vor über 100 Jahren beschriebenen Merkmale auch 2018 noch erhoben werden konnten.

Ein Abgleich mit zahlreichen Karten aus dem Sprachatlas von Unterfranken (SUF) ergab, dass in vielen Dialektmerkmalen die Realisierungen der befragten Hundsfelderinnen und Hundsfel­der mit den Realisierungen im unterostfränkischen Kerngebiet (hier v.a. dem Nördlichen und Südlichen Würzburger Raum) bzw. im gesamten Gebiet östlich der Spessartbarriere überein­stimmen. Dazu zählen u.a. die fallende Diphthongierung der mittelhochdeutschen Langvokale â-ê-ô, z.B. in Braten, weh, groß > Brooədə, wääə, grooəs. oder auch die Monophthongierung der mittelhochdeutschen Diphthonge ei-öu-ou, z.B. in Fleisch, Heu, Baum > Flääsch, Hää, Baam. Die Verkleinerungsnachsilbe –li in der Mehrzahl wie z.B. in Blümmli, Kölwli (Blümlein, Kälblein) ist v.a. ein markantes Merkmal des südlichen Würzburger Raumes, so dass die li-lich-Grenze wohl früher etwas weiter nördlich verlaufen ist.

Aber es gibt durchaus auch einige Merkmale, die die Hundsfelder mit den Erhebungsorten im Mainzer und Fuldaer Übergangsstreifen (v.a. aus den Altlandkreisen Gemünden und Hammel­burg), teilweise sogar mit Erhebungsorten im Brückenauer und Henneberger Raum gemeinsam haben: U.a. die Hebung und fallende Diphthongierung des mittelhochdeutschen Kurzvokals e wie in Ärmel, Herbst > Iərml, Hiərwesd oder die Realisierungen Fuusch und Düüsch (Fisch, Tisch), die nur in einem relativ kleinen Gebiet zwischen der unteren Sinn und Hammelburg bzw. zwischen Sinn, Saale und Streu für den SUF erhoben wurden. In einigen wenigen Merk­male gibt es nur Übereinstimmungen mit Erhebungsorten aus dem ehemaligen Altlandkreis Karlstadt sowie teilweise auch aus dem Altlandkreis Hammelburg wie etwa die steigende Diph­thongierung des mittelhochdeutschen Kurzvokals e sowie des gedehnten Kurzvokals e und die Einfügung eines Gleitlautes wie z.B. in Schwester, Beere > Schweisdər, Beijər

Als Fazit lässt sich also ziehen, dass Hundsfeld aufgrund der unterschiedlichen Dialektmerk­male nicht eindeutig einem Sprachraum in der unterfränkischen Dialektlandschaft zugeordnet werden kann, sondern Merkmale mehrerer Dialekträume aufweist. Würde man Hundsfeld als Ortspunkt auf unserer Sprachraumkarte eintragen, dann verwundert dieses Ergebnis nicht, denn der Ort lag wohl im Umfeld einer Schnittstelle von vier Sprachräumen, dem Fuldaer und Main­zer Übergangsstreifen sowie dem nördlichen und südlichen Würzburger Raum. 

Literatur:

Reinhardt, C.F.: Geschichte des Pfarrdorfes Hundsfeld. J. J. Hiller Hammelburg, 1909.

Schmitt, Eugen: Hundsfeld – deine Geschichte ist zu Ende. Mit einem Bildheft. Reuchelheim 1986 bzw. Volkach, 1987.

https://de.wikipedia.org/wiki/Hundsfeld_(Rhön) (letzter Zugriff: 28.03.2022)

 Heute erinnert nur noch eine Tafel an den Ort (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Hundsfeld_(Rh%C3%B6n)#/media/Datei:Hundsfeld_1.jpg)
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